Stein des Monats August 2025 Der Schwarzort- Schatz

Das Mettinger Mineralienmuseum präsentiert:

Stein des Monats : Der Schwarzort- Schatz- Bernsteinfunde aus der Jungsteinzeit

Bernstein übte auf Menschen zu allen Zeiten eine besondere Faszination aus. Die Vielfalt der Bezeichnungen für Bernstein, wie Tränen der Götter, Gold des Meeres oder Stein des Nordens beweisen eindrucksvoll, wie sehr dieser Stein die Fantasie der Menschen bewegt hat und bis heute bewegt.

Im Vorfeld unserer am 02.09.2025 startenden Ausstellung „ Zurück in die Steinzeit – als die Menschen sesshaft wurden“ haben wir einen Blick über die Landesgrenzen getan und sind im Bernsteinmuseum in Vilnius, der Hauptstadt Litauens, auf den Schwarzort- Schatz aus der Jungsteinzeit (3000 v. Chr.) aufmerksam geworden. Der Schwarzort- Schatz ist der größte archäologische Bernsteinfund der Welt mit der Besonderheit, dass er aus Figuren aus verschiedenen Epochen von der Jungsteinzeit bis hin zur Bronzezeit besteht, was bis heute Rätsel aufgibt. Eine Theorie besagt, dass diese Erzeugnisse aus den Steinzeit-Ortschaften im Samland bis nach Schwarzort gespült wurden. Eine andere Theorie hält dies für unmöglich und versucht zu beweisen, dass es bei Schwarzort über eine längere Periode einen Opferungsort gab.

Unabhängig davon, welcher Auffassung man sich auch anschließt, handelt es sich bei den Funden um die ersten Skulpturen der Jungsteinzeitmenschen aus Bernstein. Im Bernsteinmuseum in Vilnius ist eine Rekonstruktion des Schatzes zu sehen.

In Schwarzort im Kurischen Haff wurde bei der Vertiefung einer Fahrwasserrinne vor einer vorgelagerten Sandbank Bernstein gefunden. Nachdem Untersuchungen von einem größeren Vorkommen ausgingen, erfolgt der Bernsteinabbau ab 1857 mit dampfgetriebenen Baggern durch die Firma Stantien & Becker. Einzelne Bernsteinfunde wurden, da figürlich, als merkwürdig angesehen und an Besucher oder ausscheidende Mitarbeiter verschenkt. Eine Figurengruppe wurde in die USA verkauft, wo man nie wieder etwas von ihr hörte. Die Mehrzahl älterer Funde gilt als verloren.

Der Schwarzort- Schatz, von dem hier die Rede ist, wurde zwischen 1861- 1881 auf der vorgelagerten Sandbank gefunden. Er bestand neben Rohbernsteinstücken aus 434 Bernsteinamuletten, Ringen, Knöpfen und Perlen und blieb dank des Geologen Richard Klebs, der für das Abbauunternehmen beratend tätig war und die Besonderheit und den Wert erkannte, als Sammlung erhalten. In seinem Buch „ Bernsteinschmuck der Steinzeit“ hat er die Sammlung für eine Ausstellung in Berlin katalogisiert, so dass die einzelnen Funde bis heute rekonstruierbar sind. Später vervollständigte er die Sammlung mit einer umfangreichen Inklusensammlung ( Bernstein mit Insekten – oder Pflanzeneinschlüssen ) und betreute sie im Museum in Königsberg als Kurator. Nach seinem Tod kaufte der Staat Preußen 15.000 Stücke aus der Sammlung und gab sie an die Albertus -Universität in Königsberg. Der Leiter der Königsberger Bernsteinsammlung Prof. Dr. Ernst Andree´ ließ während des zweiten Weltkrieges große Teile der Sammlung zusammen mit anderen Kunstschätzen der Universität im Königsberger Schloss in Sicherheit bringen, wo bereits das legendäre Bernsteinzimmer lagerte.

In den Wirren des Krieges war die Sammlung zunächst verschwunden und galt als zerstört.

Zwei Kisten mit Teilen der Bernsteinsammlung waren mit anderen Kunstschätzen der Albertus- Universität Königsberg an die Göttinger Universität und zum Schutz vor Luftangriffen nach Volpriehausen ins ehemalige Kalibergwerk Wittekind, das als unterirdische Heeres-Munitionsanstalt diente, gelangt. Dort wurden die Kisten mit dem Schwarzort- Schatz in 600m Tiefe unter den Munitionslager- und fertigungsbereichen eingelagert. Die Königsberger Sammlung bestand zu ihrer Blütezeit aus circa. 120.000 Objekten Ob sie vollständig den hier beschriebenen Weg genommen hat bzw. wie viele Kisten wirklich nach Göttingen gelangten, ist nicht mehr nachvollziehbar. Vermutlich verblieb ein Teil der Sammlung in Königsberg und wurde bei Kämpfen im April 1945 zerstört. Ob weitere Kisten der Königsberger Bernsteinsammlung, die nach Göttingen gelangten, eventuell auch Teile des Bernsteinzimmers enthielten, ist unklar.

18 Skulpturen befanden sich beim damaligen Direktor der Universitäts- Bernsteinsammlung Prof. Dr. Karl Andree`, der sie im Januar 1945 auf der Flucht persönlich nach Göttingen brachte, wo er nach Kriegsende als Professor tätig war. Prof. Dr. Karl Andree´ war in der hiesigen Region übrigens kein Unbekannter. Er unternahm wissenschaftliche Exkursionen im Teutoburger Wald in der Nähe von Bad Iburg und im Münsterschen Becken und schrieb seine Dissertation über den Teutoburger Wald bei Iburg.

Das ehemalige Bergwerk nebst Heeres-Munitionsanstalt und Kulturschätzen wurde im April 1945 kampflos den Amerikanern übergeben, die es im Juli 1945 an die Briten übergaben. Danach begann man die Munition zu heben und geordnet zu sprengen. In der Nacht vom 28.9. zum 29.09.1945 kam es zu einer Explosion im Schacht, deren Ursache bis heute ungeklärt ist. 7 Menschen verloren dabei ihr Leben. Ob es Plünderer waren, die auf diese Weise versuchten in das Bergwerk mit den Schätzen zu gelangen, Fremdarbeiter, die sich rächen wollten oder Briten, die wegen der hohen Munitionsvorräte die Vernichtung der Schachtanlage veranlasst hatten, ist bis heute ungeklärt. Die in 500 m Tiefe im Bergwerk lagernden ca. 20.000t Munition explodierten und das folgende Feuer verstörte große Teile der eingelagerten Sammlungen. Erst im Frühjahr 1946 war das Bergwerk wieder befahrbar.

Die Munitionsvorräte waren komplett zerstört. Ab August 1946 versuchten Freiwillige zu retten, was noch zu retten war. Soldaten, Studenten und jeder der mithelfen konnte, wurden mobilisiert. Freiwillige bemühten sich die Überbleibsel der eingelagerten Sammlungen zu retten, dabei fanden sie auch Bernsteine.

Die zwei Kisten mit den Bernsteinen aus Königsberg sollen bereits im Vorfeld an den britischen Oberkommandierenden übergeben worden sein und 1958 nach Umwegen über das Kunstgutlager der Alliierten in Celle auf Intervention von Prof. Dr. Ernst Andree` nach Göttingen zurückgefunden haben. Hilfskräfte, die bei der Rettung der eingelagerten Schätze tätig waren, gaben weitere Bernsteine, die sie gerettet hatten, zum Teil erst Jahre später zurück. Ein besonders markantes Stück kehrte so nach 50 Jahren in den Bestand zurück. 80 Teile des Schatzes wurden online eingestellt an der Harvard University entdeckt. 400 Teile wurden dank aufmerksamer Mitarbeiter der Harvard University schließlich zurückgegeben. Insgesamt wurden von der Königsberger Sammlung, zu der der Schwarzort-Schatz gehört, 18.000 Teile gerettet.

Die Bergungsarbeiten im ehemaligen Kalibergwerk mussten aufgrund eindringenden Grundwassers im Oktober 1946 beendet werden. 1955 wurden alle Gänge geflutet und alle Schächte stehen bis heute unter Wasser und sind versiegelt. An weitere Bergungen ist nicht mehr zu denken. Ob sich auch, wie teilweise vermutet, das Bernsteinzimmer oder Teile desselben in dem ehemaligen Kalibergwerk befand, wird für immer ungeklärt bleiben.

Heute gehört die Königsberger Sammlung der Stiftung preußischer Kulturbesitz und befindet sich als Leihgabe in der Bernsteinsammlung des Museums für Geologie und Paläontologie der Universität Göttingen. Zwei Skulpturen und einige weitere Stücke befinden sich als Leihgabe in Erinnerung an die damalige Unterbringung im Kalibergbaumuseum in Uslar.