Das Mettinger Mineralienmuseum präsentiert vom 30.10.2022 bis zum 20.12.2022 eine Sonderausstellung zum Thema Bernstein.
Der Name Bernstein geht auf das niederdeutsche „bernen“ oder „börnen“ (brennen) zurück und bedeutet ursprünglich Brennstein. Damit trug der Name der Entflammbarkeit des Bernsteins Rechnung. In der Antike wurde der Bernstein auch als lyncirium (Luchsstein) bezeichnet, weil man zunächst davon ausging, dass es sich beim Bernstein um Harn des Luchses handelte, der im Sonnenlicht erhärtet war. Die Römer nannten den Bernstein „succinum“ (Saft), während die Germanen von „glasaz“ oder „glaes (um)“ (Glas) sprachen. Im Persischen heißen Bernsteine Kahroba, was so viel wie „ Strohräuber“ bedeutet. Die Anziehungskraft, die er durch Reiben auf Stoff auf Holzspäne und Stroh entwickelt, war also bekannt. Die Griechen nannten ihn Electron- „Sonnengolden“Das griechische Wort für Bernstein wurde außerdem zum Namensgeber des Elementarteilchens Elektron und der Elektrizität. In vornehmen antiken Haushalten diente ein größerer Bernstein als Kleiderbürste. Durch das Gleiten am Stoff lud er sich elektrostatisch auf und zog dann die Staubteilchen an sich. Die Farben des Bernsteins reichen von weiß, hellgelb, dunkelgelb, orange, rot bis dunkelbraun. Die Transparenz von undurchsichtig bis durchsichtig. Mit einer Härte von 2- 2,5 auf der Mohsschen Härteskala ist er vergleichsweise weich.
Der Bernstein ist mangels der erforderlichen Härte weder ein Edelstein noch ein Halbedelstein. Er ist auch kein Mineral. Die Geologen zählen ihn vielmehr zu den brennbaren Gesteinen. Bernstein ist generell älter als eine Million Jahre. Jüngere verfestigte Harze bezeichnet man als Kopal. Bernstein regt seit Urzeiten die Fantasie der Menschen an. Namen wie „Gold des Meeres“, „Stein des Nordens“, „Tränen des Meeres“ bis hin zu den Geschichten um die legendäre Bernsteinstraße und das im Zweiten Weltkrieg verschwundene aber inzwischen nachgebaute Bernsteinzimmer, das als größtes Bernsteinkunstwerk überhaupt gilt, üben auf Menschen eine besondere Faszination aus. Nicht umsonst finden wir Bernsteinperlen oder Amulette in jungsteinzeitlichen Gräbern und sogar im Grab von Tutanchamun fand sich ein Skarabäus aus baltischem Bernstein. Als Handelsgut sorgte der Bernstein vor 3500 Jahren für die Mobilität der Menschen in der Bronzezeit – und das auf einer Route zwischen der Ostsee und dem Nil, die sich auf 5000 km erstreckte. Daher ist es nicht verwunderlich, dass in der Mythologie diverse Erklärungsversuche für die Entstehung von Bernstein zu finden sind.
Laut der griechischen Mythologie bat Phaethon seinen Vater Helios, den Sonnengott, ihn zum Beweis der göttlichen Abstammung eine Fahrt mit dem Sonnenwagen machen zu lassen. Er war aber mit der Lenkung des Gefährts überfordert, kam der Erde zu nahe und sorgte für Brände und eine schlimme Dürre. Die Göttin der Erde, Demeter, bat Zeus um Hilfe, der der drohenden Weltvernichtung ein Ende setzte und einen Blitz auf den Sonnenwagen schleuderte. Der Wagen wurde zertrümmert und der Wagenlenker Phaethon stürzte in die Tiefe, wo er tot im Fluss Eridanus landete. Seine Schwestern, die um ihn weinten, wurden von den Göttern in Pappeln verwandelt, die das Ufer säumen. Auch als Bäume weinten sie weiter und ihre Tränen tropften in Form des als Bernstein bekannten Pflanzenharzes herab und der Fluss führt seitdem den Bernstein, der heute im Meer gefunden wird. Eine altlitauische Sage erzählt, dass sich am Grunde der Ostsee ein riesiger Bernsteinpalast befand. Die darin wohnende Meeresgöttin verliebte sich in einen Fischer und verschmähte deshalb die Liebe von Perkunas, dem Donnergott. Aus Zorn über diese Zurückweisung zerstörte Perkunas ihren Palast. Seitdem werden Stücke dieses Schlosses an die Ostseeküste gespült, vermischt mit kleinen Bernsteinstückchen, welche die Tränen der Meeresgöttin darstellen. Sie überlebte den Fischer und bis heute vermischen sich ihre Tränen über seinen Tod und die eigene Unsterblichkeit mit den Überresten ihrer einstigen Heimat. Laut dieser Legende wird die Ostsee stets das schönste Strandgut des Meeres besitzen und bis in alle Ewigkeit den Bernstein in sich tragen. Die Liebesgöttin der Germanen, die blonde Freyja, liebte Schmuck. Sie begegnete vier Zwergen, die gerade eine wunderschöne Halskette angefertigt hatten. Als Preis für diese Kette verlangte jeder der Zwerge eine Liebesnacht mit ihr. Der Wunsch, diese Kette zu besitzen, war so groß, dass sie sich darauf einließ. Aus Angst, dass ihr Mann Odur davon erfuhr, trug sie die neue Kette nur nachts. Doch der hinterlistige Loki, erzählte Odur davon, der sie daraufhin verlies und Freyja musste sich vor Göttervater Odin rechtfertigen. Odin verzieh ihr, aber sie musste die Halskette von nun an immer tragen. Ihre Tränen über diese Schmach wurden zu Bernstein. Bei den Germanen galt seitdem das Tragen einer Bernsteinkette als Zeichen von Wahrheit und Aufrichtigkeit. Im Bernstein finden sich sowohl Körperfossilien als auch Spurenfossilien. In den Fundstücken hat man bis zu 3000 verschiedene Einschlüsse gefunden, von Käfern zu Fliegen über Spinnen bis hin zu Wassertropfen, die vor Urzeiten im Harz hängenblieben und versteinerten. Bernstein ist damit ein Fenster zur Vergangenheit und für Wissenschaftler von unschätzbarem Wert. Heute ist Bernstein einer der beliebtesten Steine überhaupt und gilt als der Heilstein schlechthin. Seit 7000 Jahren wird er von Menschen für den Stoffwechsel und bei stoffwechselbedingten Hautstörungen eingesetzt. Nach Hildegard von Bingen, die den Bernstein Ligur nannte, soll der Bernstein gegen Magenschmerzen eingesetzt werden. Ferner sagt man ihm nach, dass er bei Asthma helfe und gegen allergiebedingte Atembeschwerden (u. a. Katzenhaarallergie) wirke, sowie gut gegen Rheuma sei und die Stärkung des Herzmuskels fördere. Außerdem soll er bei Kindern das Zahnen erleichtern und bei Hunden gegen Zeckenbefall schützen. Bernstein als Schmuckstein getragen, soll die Lebensfreude wecken und das Wohlbefinden stärken. Fundorte des Bernsteins sind die Baltische Küste, Litauen, Polen, die deutsche Nord- und Ostseeküste, die Dominikanische Republik sowie Spanien, der Libanon und Jordanien. Auch in der Literatur hat der Bernstein seinen Platz gefunden. Das Jugendbuch „Das Bernstein- Teleskop“, ist der dritte Band einer Fantasy- Trilogie von Philip Pullmann. Ferner gibt es den großen Ostpreußen-Roman von E.G. Stahl „Die Mücke im Bernstein“ sowie den viel beachteten Roman „ Das Bernstein- Amulett“ von Peter Prange, der inzwischen auch verfilmt wurde.
Wer mehr über Bernsteine erfahren will oder schauen will, ob er die Faszination teilen kann, sollte vom 30.10.- 20.12.2022 im Mineralienmuseum Mettingen vorbeischauen.