Das Mettinger Mineralienmuseum präsentiert:
Stein des Monats August: Versteinerte Seeigel.
Vom Steinkern zur Wasserwaage.
Versteinerte Seeigel, die in der historischen Literatur auch als Meerigelstein, Knopf- oder Krötenstein sowie Schlangenei bezeichnet werden, gehören wie auch Seesterne und Seelilien zu den Stachelhäutern. In frühgeschichtlicher Zeit und im Mittelalter schrieb man den Seeigeln im Volksglauben magische Kräfte zu. So berichtete Plinius der Ältere von Druiden, die der Auffassung waren, dass Seeigel aus dem Speichel von Schlangen entstanden seien und Zauberkraft besäßen. In Norddeutschland und Dänemark legte man Seeigel in Viehkrippen und Milchkannen, um so gegen Krankheiten geschützt zu sein. Seeigel lebten schon vor 450 Millionen Jahren in den Weltmeeren. Im Meer der Kreidezeit waren sie besonders häufig anzutreffen. Allein in der Rügener Kreide kommen 15 verschiedene Arten vor. Entgegen landläufiger Meinung haben Seeigel keine Schale, sondern ein Kalkskelett. Die Kalkgehäuse der Seeigel sind allerdings in den seltensten Fällen erhalten geblieben. Der überwiegende Teil ist nur noch in Gestalt von Steinkernen zu finden. Wenn Sie sich als glücklicher Finder eines versteinerten Seeigels bezeichnen können, halten Sie also die Schalenreste oder den Steinkern eines Seeigels in den Händen. Aufgrund des Einschlags eines Meteoriten auf der mexikanischen Halbinsel Yucatán kam es am Ende der Kreidezeit vor 70 Millionen Jahren zu einem Massensterben, von dem alle damals lebenden Organismen betroffen waren. Die Seeigel sanken nach ihrem Tod auf den Meeresgrund und wurden von lockeren Sedimenten überdeckt. Aufgrund von Schlamm und Sand auf dem Meeresboden wurde die Verwesung aufgehalten und die Sedimente in der Umgebung wurden durch Druck verfestigt. Dies führte schließlich zu der Versteinerung des Seeigels. In den Sedimenten zirkulierende, kieselsäurehaltige Lösungen füllten die Schalenreste über viele Jahre und kristallisierten über die Jahre hinweg zu Feuersteinen aus. Für die Bestimmung von Seeigeln ist die Lage von Mund und Afterfeld von Bedeutung. Unterschieden wird in reguläre und irreguläre Formen. Während sich bei regulären Seeigeln der Mund auf der Unterseite und das Afterfeld auf der Oberseite des Gehäuses befinden, sind bei irregulären Seeigeln die Mundöffnung und die Afteröffnung beide auf der Unterseite. Ein Seeigel der besonderen Art sind sog. fossile Wasserwaagen. Bei ihnen kann die Lage des Seeigels im Sediment rekonstruiert werden. Nach dem Tod des Seeigels bildet sich in seinem Gehäuse ein Hohlraum mit einer Luftblase. In diesen Hohlraum sind dann von oben Kalzit Kristalle, die aus den Platten des Seeigels stammen nach innen hineingewachsen. Aus dem mit Sediment gefüllten unteren Teil wächst Ihnen Chalzedon entgegen. Diese beiden Kristallbildungen wachsen so lange aufeinander zu, bis sie den Hohlraum völlig ausfüllen. Dann entsteht eine fossile Wasserwaage. Aufgrund ihrer ungewöhnlichen Entstehungsgeschichte findet man versteinerte Seeigel häufig in Form von halbierten Feuersteinknollen. Bei besonders gut erhaltenen Exemplaren ist auf der gewölbten Oberfläche noch die Prägung des fossilen Seeigels zu erkennen: Die strahlenförmigen Zeichnungen, die von der Mitte des Fossils ausgehen, verraten, dass Sie es mit einem echten versteinerten Seeigel zu tun haben! Häufig findet man auch an der Unterseite der Seeigelkerne auch noch Abdrücke. Bei besonders gut erhaltenen Exemplaren sind manchmal die kleinen, spitzen Stacheln des Seeigels zu erkennen. Nur von den langen Stacheln der Tiere sind keine Spuren übriggeblieben: Da diese mit Gewebe verbunden waren, haben sie sich nach dem Ableben der Seeigel schnell zersetzt. Die steinernen Reste von Seeigeln aus der Vorzeit weisen eine große Vielfalt an Formen auf. Sie treten eiförmig, oval oder kugelförmig auf auch die Größe und Farbe der steinernen „Urzeitwesen“ variiert mitunter stark. So manches Fundstück ist bis zu 15 Zentimeter groß und zeichnet sich durch seine graue, weiß-graue oder braune Farbe und bisweilen deutliche weiße Kalkumrisse aus. Häufig sind Seeigel an Nord- und Ostseeküste zu finden. Besonders oft entdecken Sie das beliebte „Urgestein“ an steinigen Naturstränden, zum Beispiel auf Rügen auf einem Spaziergang am Strand von Mukran und an der Kreideküste auf dem Wanderweg vom Ostseebad Binz nach Sellin. Aber auch wer an der Nordseeküste in Deutschland oder Dänemark Urlaub macht, sollte beim Strandspaziergang die Augen offenhalten.